Neben den internationalen und nationalen Statistiken, die überall zitiert werden, zeigt ein Vergleich einiger Städte in Europa interessante Details und lokale Unterschiede.

Im Folgenden betrachte ich Dortmund, my hometown, die Stadt mit dem ersten Maskengebot in Deutschland Jena, Málaga, mein Spanisch-Lern-Platz, Tallinn, meine digitale Heimat, sowie einige exemplarische Städte in Italien, u. a. Lodi und Bergamo.

Dazu ist entscheidend, wann welche Maßnahmen eingeleitet wurden. In Deutschland gibt es Einschränkungen seit dem 16.03.2020, geschlossen wurden Bars, Kneipen, Bordelle, Kirchen u.ä.. Schulschließungen, Ländersache, folgten je nach Bundesland ein bis zwei Tage später. Erste Einreisebeschränkungen gab es seit dem 20.03.2020. Restaurants und Friseure mussten komplett erst ab dem 23.03.2020 ihren Betrieb, Lieferservice ausgenommen, einstellen. Baumärkte haben weiterhin geöffnet.

Estland hat bereits am 12.03.2020 den Notstand erklärt und die Schließung von Schulen, Grenzen und öffentlichen Einrichtungen wie Büchereien verhängt. Da es für Tallinn nur teilweise eigene Daten gibt, verwende ich die Daten des Kreises Harjumaa mit ca. 570.000 Einwohner, wozu die Hauptstadt Tallinn, mit 430.000 größte Stadt, gehört.

Málaga hat ca. 575.000 Einwohner, die Provinz Málaga in Andalusien, deren Daten ich zitiere ca. 1.7 Mio. In Spanien ist die erste Stufe des Ausnahmezustandes seit dem 14.03. und die Verschärfung seit dem 21.03.2020 in Kraft.

Region Lombardei in Italien

Lodi in Italien hatte die ersten Corona-Fälle in Italien (21.02.2020) und eine weitgehende Schließung bereits am 23.02.2020 in Kraft gesetzt, Bergamo hingegen erst ab dem 08.03.2020. Beide Städte befinden sich in derselben Region Lombardei, zeigen aber einen aufgrund dieser zeitlichen Unterschiede komplett anderen Verlauf der Fallzahlen. Die Provinz Lodi zählt ca. 230.000 und die Provinz Bergamo ca. 1,1 Mio. Einwohner.

Vergleich in Relation zu den Einwohnerzahlen

Die absolute Betrachtung suggeriert im ersten Moment ein falsches Bild, notwendig ist für ein Vergleich die Relation auf ähnliche Einwohnerzahlen und / oder Zeiträume. In der oberen Grafik liegt der Schluss einer stärkeren Betroffenheit der Provinz Bergamos nahe. Absolut betrachtet ist dies korrekt, wahrscheinlich auch verbunden mit der Frage, ob genügend Krankenhausbetten vorhanden sind.

Relativ betrachtet, da die Provinz Bergamo mehr als 4-mal soviele Einwohner zählt, hat Lodi (25%) mehr Infizierte pro 100.000 Einwohner (siehe Grafik).

Einfluss der Maskenpflicht in Jena

Jena ist in Deutschland ein häufig zitiertes Beispiel, da dort, nach Einführung der Maskenpflicht im Nahverkehr und in Supermärkten am 06.04., die Infiziertenzahl (siehe Grafik) etwas zeitversetzt quasi konstant geblieben ist.

Die Zahl der aktiven Fälle ist sehr deutlich auf 6 Personen (Stand 05.05.2020) gesunken ist (siehe Grafik).

Parts (Cases) per Million (ppm)

Jena zählt jedoch nur 111.407 Einwohner. Normiert man nun die Zahl der aktiven Fälle auf 1 Million Einwohner, in der Naturwissenschaft würde man parts per million (ppm) sagen, zeigt sich ein anderes Bild (siehe animierte Grafik).

Jena hatte den ersten Fall erst am 11.03.2020, danach erfolgt ein signifikanter Anstieg und ab dem 02.04. ein Rückgang der Zahlen, ab dem 12.04. sprungartig, was durch die Einführung der Maskenpflicht eine Woche früher bedingt sein kann.

aktive Fälle normiert auf 1 Million Einwohner für Dortmund, Jena und Málaga

Der Verlauf in Dortmund ist deutlich flacher, aber in der letzten Woche eher gleichbleibend, evtl. bedingt durch die zeitversetzten Genesungen der infizierten Personen. Málaga hingegen zeigt einen anderen Verlauf. Der erste Fall wurde dort am 28.02.2020 gemeldet, somit ca. eine Woche früher als in Dortmund. Der Verlauf der Kurve zu Beginn ist vergleichbar, steigt jedoch steiler an, erreicht dann am 09.04.2020 das Maximum in Dortmund und ein lokales Maximum in Málaga und bleibt dann dort annähernd konstant, leicht steigend, während die aktiven Fälle in Dortmund fallen.

3-Wochen-Tendenz

Um einen Trend zu erkennen ist der Vergleich der genesenen und toten Personen gegenüber den neu infizierten Personen einer Stadt über einen definierten Zeitraum hilfreich.

In Dortmund ist in den letzten 3 Wochen fast durchgängig die Zahl der genesenen und toten Personen (in der oberen Grafik grün dargestellt) höher als die Zahl der neu infizierten Personen (rot dargestellt). Damit ist die Tendenz in Dortmund eindeutig positiv #pluskleinerminus.

In Málaga ist hier leider noch keine Entspannung zu erkennen, hier überwiegen noch die neu infizierten, obwohl deren absolute Zahl deutlich geringer wird.

kein signifikanter Rückgang in Málaga

Obwohl die Schließungen in Spanien 2 Tage früher beginnen und deutlich strikter sind, wirkt sich dies leider nicht positiv auf die aktiven Fälle aus. Hier wirkt sich vermutlich die absolut höhere Zahl der Infizierten und damit die Wahrscheinlichkeit der weiteren Ansteckung negativ aus.

Interessanterweise finden sich unter den ersten Fällen in Málaga und in Tallinn (bis auf der erste Fall kommend aus Riga) zahlreiche Personen, die von einer Reise aus Norditalien kommen.

Zusammenfassung

Festzuhalten bleibt, dass selbst ein Vergleich auf lokaler Ebene schwierig ist, da Einflussfaktoren wie zeitlicher Verlauf, Größe der Stadt und lokale Vorfälle entscheiden sind. Hilfreich für eine Trendaussage ist die 3-Wochen-Tendenz neu-infizierte vs. (genesene + tote) Personen sowie ein relativer Vergleich der Infizierten bezogen auf eine einheitliche Einwohnerzahl (pro 100.000 siehe Grafik oder ppm). Dies relativiert auch höhere Zahlen, wenn das dazugehörige Einzugsgebiet groß ist. So liegt Dortmund aktuell sogar günstiger als Jena. Unter den von mir betrachteten Städten hat lediglich die Provinz Tallinn eine geringere Fallzahl pro 100.000 Einwohner als Dortmund. Eine mögliche Erklärung ist die frühere und konsequentere Schließung von Schulen, Einrichtungen und Grenzen.

Quellen:

Corona und Europa lokal
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